Rückblick  2012  -  Blasmusikwallfahrt in Mariazell   (Detaillierter Bericht)
                       
                       
   

 

 

 

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September 2012

Blasmusikwallfahrt in Mariazell   (Detaillierter Bericht)

 

Als Vertreter des Landes Vorarlberg durfte am Wochenende 29. + 30.09.2012 der Musikverein Feldkirch-Nofels in seinem 120. Bestandsjahr bei der 2. Mitteleuropäischen Blasmusikwallfahrt in Mariazell mit dabei sein. Untertitel war "Musik erhellt die Welt". Die doch recht langen Busfahrten von jeweils 9 1/2 Stunden (ein paar Pausen mit eingerechnet) für An- und Rückreise haben sich aber für die Musikantinnen und Musikanten aus dem Ländle alle Mal gelohnt. Sie hatten im ganz im Norden der Steiermark gelegenen vielleicht bekanntesten Wallfahrtsort Europas und in dessen näheren Umgebung neben Andacht sehr viel Spaß.

 

Anreise und Spaltung des Vereins

Abfahrt in Nofels war bereits am Freitag Morgen. Nachdem alle Musikinstrumente, Trachten und Gepäckstücke ordentlich im Bus verstaut worden waren konnte es los gehen. Am Ortsende von Nofels kam von Kapellmeister Peter schon zum ersten Mal das "Ist es noch weit? Sind wir bald da?". Das dann später noch ein paar Mal zu hören war. Die anderen Musikanten sahen der 600 km langen Reise etwas lockerer entgegen. Es war ja auch auf anderen Reisen noch nie wirklich langweilig geworden.

Am frühen Nachmittag wurde in einem Gasthof im Salzburger Land, nahe der Grenze zu Deutschland, zu Mittag gegessen. Und dort anschließend von den jüngeren Vereinsmitgliedern der zugehörige große Spielplatz besetzt. Andere Kinder hatten da kurzzeitig kaum mehr eine Chance an die begehrten Gerätschaften zu kommen. Und obwohl kurz vor dem Stopp zur Nahrungsaufnahme eine Stabilisator-Strebe an der Unterseite des modernen Busses mit einem lauten Knall ihren Dienst quittiert hatte, konnte - nach einem umfassenden Sicherheitscheck von Busfahrer Hubert - die Fahrt problem- und bedenkenlos fort gesetzt werden.
Im hinteren Teil des Busses wurde dann kurz darauf, da auf dem Spielplatz offensichtlich noch zu wenig Kalorien verbrannt worden waren, wieder einmal das 2008 in Frankreich kennen gelernte "Förderbanda" gestartet. Der manuelle Transport von Musikanten über eine längere Kette von Sitzenden hinweg klappte hier ausgezeichnet, da der Mittelgang zwischen den Sitzen so schmal war, dass man kaum zur Seite weg kippen konnte.
Auf den letzten Kilometern vor Erreichen des Reiseziels hätte das dann aber auch nicht mehr sicher funktioniert. Denn da gab es viele, viele Kurven. Und
Buschauffeur Hubert ignorierte völlig das Flehen unserer im Gesicht kreidebleichen Klarinettistin, diese Kurven doch bitte gerade zu fahren. Aber dann
hatte sie es überstanden. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit waren wir in St. Sebastian, wo wir im Haus Franziskus gleich unsere Zimmer beziehen und uns höchstens noch ganz kurz frisch machen sollten. So lautete zumindest die Ansage von Obmann Helmut Wehinger.

Einer Gruppe von jungen Musikanten gelang in dieser kurzen Zeit aber noch mehr. In Dirndl und Lederhosen gekleidet standen sie da und gaben ein tolles Bild ab. Und sie prägten sich auch schon mal den Heimweg ein (der wirklich so hieß und ziemlich steil war). Es war klar: An diesem Abend war zumindest von dieser Truppe kein Kirchenbesuch mehr geplant.

Erstmal ging's aber mit dem Bus noch zu einem Herrenhaus am nahe gelegenen Erlaufsee, wo in einem großen Zimmer, in dem seine Majestät Kaiser Franz Josef I. anno 1853 sein Nachtlager zu nehmen geruhte, fein gespeist wurde. Erst als alle ausgetrunken hatten konnte wieder zurück nach St. Sebastian gefahren werden. Und spätestens hier musste man sich, bei schon etwas kühlen Temperaturen um die 14 Grad, dann entscheiden. Entweder 1 km nach Mariazell (und wieder zurück) laufen oder ins nur 100 m entfernte sogenannte Tanz-Cafe eintreten. Den Jungen fiel die Wahl nicht schwer. Und so teilte sich an diesem Freitag Abend der Verein.

Eine sich von den örtlichen Begebenheiten einen ersten Überblick verschaffen wollende Gruppe wanderte also im Mondschein in Richtung Mariazell. Bald schon konnte man die farbig beleuchtete Basilika des Wallfahrtsortes sehen. Am Hauptplatz gegenüber der Wallfahrtskirche angekommen wurde das Programm des nächsten Tages studiert. Aber nicht lange. Denn es war mittlerweile eben schon recht frisch geworden. Man entschied sich für eine Aufwärmrunde im Brauhaus, da war es dann aber wieder zu warm. Wie schon beim Abendessen im Kaiserzimmer waren auch hier die schönen alten steirischen Kachelöfen kräftig befeuert. Deshalb wurde ziemlich rasch wieder der Rückweg angetreten. Aber einen ersten schönen Eindruck hatte man sich verschaffen können. Und mit diesem wollte man sich nun ins Bett begeben. Das Vorhaben scheiterte. Zumindest beim Großteil der Gruppe. Das Problem war, dass das schon erwähnte Tanz-Cafe direkt am Weg zur Unterkunft lag. Ein Vorbeikommen war kaum möglich, Lotsen standen auf dem Weg und wiesen auf die offen stehende Eingangstüre, aus der lüpfige Unterhaltungsmusik drang. Um niemanden zu beleidigen folgte man der Aufforderung und betrat das Innere des etwas verqualmtem hölzernen Tanzschuppens. In dem man vermutlich trotz des Lokalnamens gar keinen Kaffee bekommen hätte, wenn man einen bestellt hätte. Aber Tanz war hier groß geschrieben. Ein hübsche junge Dame schien von den Lokalbesitzern sogar extra engagiert worden zu sein, um mit den Gästen eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen. Zumindest fragte die Betreffende alle männlichen Besucher immer wieder. Und bekam einige Körbe. Denn die Nofler, die in dieser Lokalität eine absolute Mehrheit darstellten, hatte ja ihre eigenen Tänzerinnen mitgebracht.

 

 

"Musik erhellt die Welt"

Rotröcke am Mariazeller Hauptplatz. Da war noch Sonne.Am nächsten Morgen nach dem Frühstück fuhren wir - diesmal natürlich alle in unserer schwarz-weiss-blau-roten Alt-Feldkircher Patrizier-Tracht - nach Mariazell. Wo wir kurz vor Mittag auf dem nun sehr belebten Hauptplatz bei angenehmen Temperaturen und unter der Leitung unseres Kapellmeisters Peter Kuhn ein schönes Platzkonzert gaben. Die Nofler Musikanten, verstärkt durch Marketenderin Heidi, Täfeleträger Philip und Aushilfs-Fähnrich Florian, waren dabei ein begehrtes Fotomotiv. Davor und danach genossen wir die Darbietungen der vielen anderen in- und ausländischen Musikkapellen, Chöre und Volkstanzgruppen. Allseits war Musik zu hören. Und am Nachmittag stand auch noch etwas Zeit zur Verfügung, sich unter die vielen anderen Pilger zu mischen, den überschaubar kleinen Ortskern zu erkunden, das Innere der Basilika zu bestaunen, bei Magna Mater Austriae in der Gnadenkapelle um guten Ansatz und anderes zu bitten und vielleicht auch noch die ein oder andere Devotionalie käuflich zu erwerben.

Sorgen bereiteten sowohl Teilnehmern als auch Veranstaltern die zunehmenden dunkelgrauen Wolken und tief fliegenden Schwalben. Und wie befürchtet begann es dann am Nachmittag auch leicht zu regnen. Von einer Gasthaus-Terrasse herab konnten die Nofler Musikanten zusehen, wie sich der Hauptplatz langsam etwas leerte. Aber Petrus wollte die vielen Pilger offensichtlich nur ein wenig ärgern. Denn kurz vor Beginn der für 17 Uhr angesagten Generalprobe für einen der musikalischen Höhepunkte dieser Veranstaltung stoppte der Regen wieder.

Nach dem Ende der Samstagabend-Messe (mit Uraufführung einer "Missa Arcadia") begann dann die große Open-Air-Veranstaltung. Beim einleitenden Sternmarsch von mindestens 30 Blasmusikkapellen mit Ziel Benediktusplatz waren uns unsere mitgebrachten Notenlämpchen sehr hilfreich, denn da war es schon stockdunkel. Der Weg war zwar für alle Teilnehmer ziemlich kurz und reichte für uns nicht einmal aus, um den einen einzigen Marsch, den "Kopal Jäger", fertig zu spielen. Er war aber nicht ganz ohne. Es musste auf den letzten Metern nämlich auch noch "abgefallen" sprich die Formation in ihrer Breite um zwei Reihen reduziert werden. Das Meisterstück gelang trotz der ungünstigen Sichtverhältnisse prima. Auf dem mit Fackeln und Scheinwerfern vorerst nur dezent ausgeleuchteten Kirchplatz, dessen Bezeichnung vermutlich vom letzten Papstbesuch her rührt, erfolgte eine registerweise Aufstellung der Musiker. Man spricht von über 2000. Die Rechnung kann aufgehen, denn mit dabei waren auch viele mehrere Vereine zusammenfassende Bezirksblöcke. Jedenfalls füllten die Musikanten und sonstigen Akteure des gesamten Platz vor der Basilika. Der Mix der vielen unterschiedlich farbigen Trachten ergab schon jetzt ein tolles Bild. Beim eigentlichen Festakt spielten alle Blasorchester unter der Leitung von Mag. Dr. Manfred Rechberger gemeinsam mehrere Musikstücke, dazwischen lauschte man den schönen Reden verschiedener Prominenter. Während der Veranstaltung wurden dann nach und nach die farbigen Scheinwerfer und Lichtspiel-Projektoren rauf geregelt. Passend zum Motto dieser 2. Blasmusikwallfahrt: "Musik erhellt die Welt".

"Musik erhellt die Welt" am Benediktusplatz in MariazellMit der zunehmenden Beleuchtungsstärke kamen die farbigen Trachten noch mehr zur Geltung. Besonders beeindruckend war aber natürlich auch die Klangwolke, die die tausenden Musiker in gemeinsamem Takt entstehen ließen. Auch wenn vorher schon einige Teilnehmer aufgrund der niedrigen Außentemperaturen von vielleicht 13 Grad Celsius etwas zu frösteln begonnen hatten - spätestens beim Musikstück "Conquest of Paradise" (bekannt gemacht von Boxer Henry Maske) machte sich rundherum Gänsehaut-Feeling breit. Nicht wegen der Kälte, sondern ob dem so schönen und  imposanten akustischen Erlebnis. Mit der Steirischen Landeshymne wurde der Festakt beendet.

Die bis 22 Uhr dauernde Veranstaltung war - Petrus sei erneut gedankt - trocken geblieben und die zwar transparente aber trotzdem nicht sehr schöne Schutzhülle über der Vereinsfahne wäre hier nicht erforderlich gewesen. Aber beim Rückweg zum Busplatz waren uns dann die anderen Kapellen die Schutzvorrichtung neidig. Denn es hatte wieder zu regnen begonnen. Und Feuchte ist Gift für eine Stoff-Fahne. Apropos neidisch. Es waren auch einige Musikanten anderer Vereine auf uns zu gekommen, um nach der Quelle unserer tollen batteriebetriebenen Noten-Lämpile zu fragen. Gerne gaben wir Auskunft.

Nach dem Versorgen der Musikinstrumente besuchten einige Nofler wie auch Musikanten anderer Vereine noch verschiedene Lokale um sich dort auf zu wärmen. Aber nicht mehr allzu lange. Denn am Sonntag Morgen sollte die Abordnung aus dem Ländle relativ früh schon wieder im Wallfahrtsort antreten und dabei einen möglichst positiven Eindruck hinterlassen. Entgegen den Befürchtungen einzelner (im schon erwähnten Tanz-Cafe war Oktoberfest) gelang aber auch dieses problemlos.

 

 

Klangvolle Messe in der Wallfahrtskirche

Aufstellung zur Probe auf dem St. Lambrechter Platz in MariazellUnd so standen die Musikanten des Musikverein Nofels am Sonntag um 8 Uhr 30 schon wieder in ihrer Tracht und spielbereit im Ortszentrum von Mariazell. Eine Musikprobe auf dem St. Lambrechter Platz neben der Basilika war angesagt. Auch hier mischten sich die Nofler wieder unter Ihre Stimmkollegen der anderen Kapellen. Auf dem Programm stand dieses Mal die "Deutsche Messe" von F. Schubert und J. P. Neumann in einer speziell für diesen Anlass adaptierten Ausgabe. Und das Musikstück "Großer Gott wir loben Dich", das nicht aus der Schubert-Messe stammt, aber mindestens so bekannt und beliebt ist.

Der Entscheid, die ursprünglich im Freien geplante Sonntagsmesse in die Wallfahrtskirche zu verlagern, fand nur Zustimmung. Hunderte von Musikern strömten also wenig später in die Basilika und stellten sich drinnen wie schon gewohnt registerweise vor dem Hochaltar auf. Über ihren Häuptern die herrlichen bunten Freskengemälde, vor Ihnen der schon erwähnte Dirigent Manfred Rechberger. Der keinerlei Anzeichen einer Nervosität erkennen ließ. Im Gegenteil. Und vorne im Altarraum auch noch zwei gut aussehende und standhafte Burschen. Einer mit einem handgemalten Täfele, auf dem Wahrzeichen von Feldkirch und Nofels abgebildet sind, und ein anderer mit einer schönen (diesmal unverpackten) Fahne. Um 10 Uhr begann die Hl. Messe, zelebriert von Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari und anderen Würdenträgern.

 
Auch wenn der eine oder andere Musikus mit guten Ohren hier vielleicht bemerkte, dass nicht alle Vereine exakt die selbe Grundstimmung haben: Den lobenden Worten vieler Kirchenbesucher nach war das Zusammenspiel der vielen Musikkapellen in diesen Räumlichkeiten nebst einem schönen Gotteslob und Zeichen für Gemeinschaft auch ein ganz tolles, unter die Haut gehendes Klangerlebnis.

An dieser Stelle ein Zitat aus den Vorworten im Programmheft:

Musikal. Gestaltung der Hl. Messe in der Wallfahrtskirche Mariazell"In der Musik ist es das Miteinander, das Wunderbares
entstehen lässt: Aus einzelnen Tönen werden Lieder,
beim gemeinsamen Musizieren erklingt die
Mehrstimmigkeit und im Zusammenklang ganzer
Instrumentengruppen entsteht ein Orchester. Musik
fasziniert, verbindet, erfreut und „erhellt die Welt“ [..]."


Hermann Schützenhöfer
Landeshauptmann-Stv. der Steiermark

 

 

Striptease, Kurven und anderes

Im Anschluss an diese musikalisch mit gestaltete Sonntagsmesse mussten die Nofler Musikanten leider nach eineinhalb Tagen schon wieder Abschied von Mariazell nehmen. Hatten sie doch vielleicht von allen Teilnehmern den längsten Nachhauseweg vor sich. Nachdem das Erinnerungsgruppenfoto gemacht war marschierten die Rotröcke ohne Schritt wieder zurück nach St. Sebastian, wo schon Fahrer Hubert mit seinem Bus wartete. Vor der Abfahrt machten einige Musikanten am Straßenrand noch einen Striptease, um es bei der Fahrt etwas bequemer zu haben bzw. die Tracht zu schonen, während sich andere schon über Wurst und Brot aus dem Bauch des Massenbeförderungsmittels her machten. Nach diesem Mittagessen hieß es dann aber einsteigen und Türen schließen.
Bald waren die Kurven überstanden und die Klarinettistin hatte wieder die Farbe im Gesicht bekommen. Außerdem war sie jetzt wieder hörbar. Insgesamt war es bei der Rückreise aber bedeutend ruhiger im Bus. Besonders im hinteren Teil.

Nach einer (inkl. Pausen) wieder 9 1/2 -stündigen Fahrt waren die musikalischen Wallfahrter um 22 Uhr des 30.09. wieder in Nofels. Mit vielen schönen Erinnerungen im Gepäck.

 

Der Musikverein Feldkirch-Nofels vor der Basilika von Mariazell


 

Christof Summer



       
 

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